Schule in Deutschland

Alle Schulen in Deutschland unterliegen staatlicher Aufsicht. Dennoch gibt es kein für alle Bundesländer gültiges Schulgesetz, da die bundesdeutsche Verfassung den Ländern in Kultur- und Bildungsfragen gesetzgeberische Hoheit verleiht. In der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) stimmen sich die Kultusminister der sechzehn Bundesländer jedoch darüber ab, wie sich das föderalistisch geprägte Schulwesen im einzelnen vereinheitlichen lässt, um die Vergleichbarkeit der einzelnen Schulsysteme untereinander und die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse zu gewährleisten.

Bundesweit einheitlich beispielsweise beginnt die Schulpflicht für alle KKinder mit sechs Jahren. In manchen Ländern allerdings müssen die Schüler zehn Jahre voll zur Schule gehen, in den meisten nur neun Jahre. Anschließend können sie die Schule verlassen und einen Beruf ergreifen, müssen dann aber noch weitere drei Jahre an einem eingeschränkten Unterricht teilnehmen, der die Berufsausbildung begleitet.

Die Schulzeit beginnt für alle Kinder mit der Grundschule, die vier (nur in Berlin sechs) Jahre dauert und die Grundlagen für eine weiterführende Bildung vermittelt. Hier lernen die Kleinen Lesen, Schreiben, Rechnen, nnatur- und sachkundliche Grundlagen, und sie üben sich in musischen, künstlerischen und technischen Fähigkeiten.

Auf die Grundschule (Primarbereich) folgt der Sekundarbereich, der sich je nach Bildungsziel in verschiedene Schultypen gliedert: Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule. Die Hauptschule, die in den meisten Bundesländern ffünf Jahre dauert, vermittelt ihren Schülern eine grundlegende allgemeine Bildung. Die Vorbereitung auf den Einstieg ins spätere Berufsleben spielt an der Hauptschule eine besonders große Rolle. Der Hauptschulabschluss berechtigt zum Übergang in einen berufsqualifizierenden Bildungsgang. Die Realschule vermittelt eine erweiterte allgemeine Bildung und dauert in der Regel sechs Jahre. Im Unterschied zur Hauptschule stellt die Realschule höhere Anforderungen an die Selbständigkeit ihrer Schüler. Der Realschulabschluss berechtigt zum Übergang in berufsqualifizierende und studienqualifizierende Bildungsgänge. Das Gymnasium vermittelt eine vertiefte allgemeine Bildung, dauert neun Jahre lang und berechtigt mit dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife zum Übergang in den tertiären Bildungsbereich, d.h. in Fachhochschulen und Universitäten. Die Gesamtschule fasst Hauptschule, Realschule und Gymnasium pädagogisch und organisatorisch zusammen. Je nach Leistung erwerben die Schüler hhier einen berufsqualifizierenden Schulabschluss oder das Abitur.

Zwei Drittel aller jährlichen Absolventen allgemein bildender Schulen haben am Ende des Sekundarbereichs den Hauptschul- oder Realschulabschluss erworben und besuchen Bildungsgänge mit beruflicher Ausrichtung, ein Drittel macht Abitur. Auch behinderte und verhaltensauffällige Kinder sind schulpflichtig. Sie erhalten eine speziell auf ihre Behinderung zugeschnittene Ausbildung an der Sonderschule.

Insgesamt ist das deutsche Schulsystem von einer bewussten Durchlässigkeit geprägt. Wer beispielsweise in der Realschule den Ehrgeiz entwickelt, Abitur zu machen, hat bei entsprechenden Leistungen die Möglichkeit, aufs GGymnasium zu wechseln. Sogar bereits Berufstätige können auf dem sogenannten zweiten Bildungsweg die Hochschulreife erlangen. Abendschulen bieten die Möglichkeit an, berufsbegleitend alle Abschlüsse der allgemein bildenden Schulen nachzuholen. An internatsähnlichen Kollegs kann man in drei bis vier Jahren die Hochschulreife erwerben, muss dafür aber seine Berufstätigkeit unterbrechen.

Eine breite öffentliche Debatte über die Qualität der deutschen Schulbildung hat die Veröffentlichung der Pisa-Studie durch die OECD ausgelöst. Da den deutschen Schülern im Alter von 15 Jahren mangelnde Lesekompetenz, im internationalen Vergleich unterdurchschnittliche mathematische-naturwissenschaftliche, analytische und anwendungsorientierte Fähigkeiten bescheinigt wurden, forschen derzeit zahlreiche Experten der zuständigen Organisationen für Bildungsplanung und Schulentwicklung nach den Ursachen dieser Defizite und erarbeiten Vorschläge zur Verbesserung.

Berufliche Ausbildung in Deutschland

Zwei Drittel aller Jugendlichen in Deutschland absolvieren in Deutschland nach Ablauf der Vollzeitschulpflicht eine Berufsausbildung. Da diese Ausbildung an zwei Lernorten statt findet, und zwar in der Berufsschule und im Betrieb, spricht man in Deutschland vom „dualen System“. Ziel der in der Regel dreijährigen Ausbildung ist es, dass die Schüler eine allgemeine und berufliche Grundbildung erhalten und die Kompetenzen für den Beruf einer qualifizierten Fachkraft erwerben. Das deutsche Berufsschulsystem ist hochdifferenziert und gliedert sich in eine Vielzahl von Schultypen (s. unten) und Fachrichtungen. Es ist bewusst so durchlässig gestaltet, ddass Berufsschulabsolventen auch Wege zur Fachhochschulreife und Hochschulreife offen stehen.

Derzeit haben Auszubildende in Deutschland die Wahl zwischen 355 anerkannten Ausbildungsberufen, die 68 Berufsgruppen zugeordnet sind. Die Fachrichtungen der meisten Berufsschulen sind gewerblich, kaufmännisch, hauswirtschaftlich oder landwirtschaftlich. An drei bis vier Tagen lernen die Jugendlichen im Betrieb, an bis zu zwei Tagen in der Berufsschule. Die Kosten für die Ausbildung tragen die Betriebe, die bundesweit einheitlichen Ausbildungsordnungen verpflichtet sind. Ausbildungsplätze bieten Betriebe der Wirtschaft, des öffentlichen Dienstes, Praxen freier Berufe und private Haushalte an. Je nach Branche erwerben die Auszubildenden nach bestandener Lehrprüfung einen Facharbeiter-, Kaufmannsgehilfen- oder Gesellenbrief. Die Prüfungen werden vor den entsprechenden Kammern wie Industrie- und Handelskammer, Kammer der Freien Berufe oder Handwerkskammer abgelegt. Hat ein Berufsschulabsolvent etwa drei Jahre Berufserfahrung in seinem Ausbildungsberuf gesammelt, kann er sich an der sogenannten Fachschule weiterbilden. In ein bis drei Jahren erwirbt er hier die Fähigkeit und das Recht, einen Betrieb seines Fachbereichs selbständig zu leiten und den Berufsnachwuchs auszubilden.

Jedes Jahr beschließen die regierenden Bildungspolitiker den sogenannten Berufsbildungsbericht. Er wird auf der Grundlage von aktuellen Ausbildungsplatz- und Arbeitsmarktanalysen erstellt und dokumentiert die berufsbildungspolitischen Maßnahmen des kommenden Regierungsjahres. Im Berufsbildungsbericht 2002 erklärt Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn die Bereitstellung eines ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes zur gesellschaftliche Daueraufgabe. ZZwar hat es auch 2001 im gesamten Bundesgebiet mehr Ausbildungsplätze als Bewerber gegeben. Der Ausbildungsmarkt ist aber in zweierlei Hinsicht von einem Ungleichgewicht geprägt. Zum einen fällt das Ausbildungsplatzangebot regional sehr unterschiedlich aus. Während im Westen Deutschlands ein Überangebot besteht, reicht es in den neuen Bundesländern nur für rund 60 Prozent der Bewerber aus. Zum anderen besteht ein Ungleichgewicht zwischen Ausbildungsplatzbewerbern und Fachrichtungen. Einem Ausbildungsplatzmangel bei Kraftfahrzeugmechanikern, Bürokaufleuten und Mediengestaltern steht ein Bewerbermangel bei Nahrungsmittelfachverkäufern, Fleischern und Zahnarzthelfern gegenüber. Verschiedene staatliche Sonder- und Förderprogramme sollen die Ausbildungsplatzsituation im Osten verbessern und die Mobilitätsbereitschaft der ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen fördern.

Die größten Herausforderungen an die aktuelle Berufsbildungspolitik stellen allerdings der Wandel von der Industrie- zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft sowie die Beschäftigungsfähigkeit älterer Erwerbstätiger dar. Auf erstere reagiert die Bundesregierung mit der Modernisierung und Entwicklung von Ausbildungsgängen, die sich am aktuellen Fachkräftebedarf der Wirtschaft orientieren. In den letzten drei Jahren sind 43 Ausbildungsberufe aktualisiert und 10 neue Berufe geschaffen worden. Bis Mitte 2002 werden die Ausbildungsordnungen für 19 weitere Berufe erwartet.

Um die Beschäftigungsfähigkeit älterer Erwerbstätiger in einer Arbeitswelt zu erhalten, deren Qualifikationsanforderungen sich immer schneller verändern, gewinnt die lebenslange Weiterbildung an immenser Bedeutung. Für das Aktionsprogramm „Lebensbegleitendes Lernen für alle“ hat das Bundesbildungsministerium deshalb 250

Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Schultypen für die berufliche Ausbildung in Deutschland:

· Berufsschule – erteilt im Rahmen einer Berufsausbildung im dualen System allgemeinen und berufsbezogenen Unterricht in Teilzeitform

· Berufsoberschule – ermöglicht Absolventen einer Berufsausbildung im dualen System den Erwerb der Hochschulreife

· Berufsfachschule – dient der Berufsvorbereitung oder der Berufsausbildung mit unterschiedlichem Qualifikationsniveau

· Berufliches Gymnasium – unterrichtet neben allgemein bildenden auch berufsbezogene Fächer wie Wirtschaft und Technik und führt zur allgemeinen Hochschulreife

· Fachoberschule – führt nach einer fachpraktischen Ausbildung in Betrieben und eergänzendem Unterricht zur Fachhochschulreife

· Fachschule – setzt eine berufliche Erstausbildung und eine mehrjährige Berufstätigkeit voraus und führt zu einer weitergehenden Qualifikation im Beruf

Die betriebliche Ausbildung für einen anerkannten Ausbildungsberuf im dualen System ist durch Rechtsverordnungen des Bundes geregelt. Eine Übersicht über alle anerkannten Ausbildungsberufe und ihre Anforderungen findet sich unten.