Sklaven Natur bei Aristoteles
Einleitung…………………………2
1. Hausverwaltung und Sklaverei………………….3
2. Der Begriff des Sklaven…………………….6
3. „Die Stellung des Sklaven ist Vorteilhaft und Gerecht“………..7
4. Die Entwicklung der Theorie der Sklaverei…………….12
Fazit…………………………16
Literaturverzeichnis…………………………17EINLEITUNG
Das Thema dieser Arbeit ist „Sklaven Natur bei Aristoteles“. In dieser Arbeit werde ich Aristoteles Sicht auf die Sklaven Natur analisieren. Dieses Thema ist aktuell, denn aus der Sicht des heutigen Menschen, die Sklaverei widerspricht menschliche Natur – alle Menschen haben gleiche rechte und sind frei.
Diese Arbeit besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil wird Hausverwaltung und Sklaverei aanalisiert. Der zweite Teil umfasst den Begriff der Sklaverei. Im dritten Teil dieser Arbeit wird Aristoteles Behauptung – „Die Stellung des Sklaven ist Vorteilhaft und Gerecht“ – erklärt. Im vierten Teil wird die Theorie der Sklaverei überblickt.
Diese Arbeit zu erledigen wurde dieses Literatur verwendet: Schütrumpf, E. „Aristoteles Politik“; Otfried Höffe „Aristoteles Politik“ und Artikel von Günter Bien „Bemerkungen zum Aristotelischen Politikbegriff und zu den Grundsätzen der Aristotelischen Staatsphilosophie“.1. HAUSVERWALTUNG UND SKLAVEREI
Die Kapitel 3 bis 13 des ersten Buchs der PPolitik behandeln die hierarchischen Beziehungen, die der oikia zugrunde liegen. Mit dem Ausdruck oikia, der üblicherweise mit „Haus“ oder „Familie“ übersetzt wird, wird die erste natürliche menschliche Gemeinschaft bezeichnet; sie zielt darauf ab, das zu befriedigen, was Aristoteles „die tägliche BBedürfnisse“ nennt, die auf zwei fundamentale Bedürfnisse zurückgehen: Fortpflanzung (gennesis) und Selbsterdhaltung (soteria). Wenn man nun, um den Ausdruck oikia wiederzugeben, weiterhin von „Familie“ spricht, ist zu präsentieren, dass es sich nicht um eine Familie im modernen Sinne des Wortes handelt, selbst wenn man sie auf mehr als zwei Generationen erweitert, sondern um einen Verband, der nicht nur die biologischen Eltern umfasst. Aristoteles unterscheidet drei Verhältnisse: zwischen Herrn und Sklaven, zwischen Ehemann und Ehefrau und zwischen Vater und Kind. Auch wenn die Untersuchung des Verhältnisses zum Sklaven die längste ist (ihr sind die Kapitel 3 bis 8 gewidmet), erhält sie doch ihren Sinn, wie wir sehen werden, erst innerhalb einer allgemeinen Untersuchung der Familie. Dies hat manche Kommentatoren zu dem VVersuch veranlasst, Aristoteles gegen aus unseren Sicht vernichtete Vorwürfe zu verteidigen, nach denen er ein Vordenker der Sklaverei gewesen sei, die Griechenland zu seiner Zeit plagte. Wahr ist, dass Aristoteles nicht dem System der Sklaverei seiner Zeit die philosophischen Weihen erteilt, da es sich um eine ganz andere Form der Abhängigkeit handelt, die er „natürlich“ findet. Nicht minder wahr ist allerdings, dass es sich dabei um eine wirkliche Form der Sklaverei handelt, und dass die Wahl der Worte „Sklave“ (doulos) uund „Sklaverei“ (douleia) nicht unangemessen ist.
Am erstaunlichsten ist die Tatsache, dass der Aristotelische Text die einzige Analyse ist, die wir von dieser in jedem Sinn des Wortes fundamentalen Praxis besitzen, wie es die Sklaverei in der Antike war. Sicherlich haben beispielsweise die Stoiker der Reflexion über die Sklaverei eine völlig andere Richtung gegeben, besonders indem sie sich gegen die von den anderen griechischen Denkern geteilte Vorstellung wandten, die Hierarchie sei natürlich und daher gut. Wenn an den hierarchischen Strukturen der Gesellschaft die moralische Schwäche ihrer Mitglieder schuld sei – von Natur aus seien die Menschen dazu bestimmt, eine Gemeinschaft von gleichen Weisen zu bilden-, dann gebe es für die Sklaverei schwerlich eine ethische Rechtfertigung (vgl. Erskine 1990). Die stoischen Autoren haben die Wirklichkeit der Sklaverei jedoch, soweit man es aufgrund der erhaltenen Zeugnisse beurteilen kann, keiner Analyse unterzogen.
Die Aristotelische Theorie der Sklaverei kann von vornherein aus zwei Richtungen betrachtet werden. Die Tatsache, dass Menschen von Natur aus Sklaven sein sollen, erklärt sich aus der allgemeinen Struktur dessen, was man die Psychologie des Aristoteles nennen könnte. Doch wählt die Politik, obwohl sie sich auf diese Psychologie beruft, nicht diesen Weg. Der Text führt eine Analyse durch, der es Schritt für SSchritt zu folgen gilt.
Das Prinzip, auf dem das gesamte erste Buch der Politik beruht, ist ein teleologisches Prinzip: Jede menschliche Gemeinschaft bildet sich um einer Sache willen. Eine solche Behauptung muss Aristoteles für evident gehalten haben: Selbst wer die Organisation des Kosmos für zufällig hält, wird zugeben, dass die Menschen Gemeinschaften um einer Sache willen bilden, auch wenn sie sich über die Nützlichkeit oder Schädlichkeit diese Ziels täuschen oder ihre Zielsetzungen nicht erreichen. Von den Gemeinschaften sind die einen natürlich, die anderen beruhen auf Konvention. Dabei handelt es sich um eine starke These, die Aristoteles aufstellen muss, und die er dort verwendet, wo er sich mit der Polis befasst, in Kapitel 2 des ersten Buchs. Die Natürlichkeit der – im logischen, nicht im chronologischen Sinn – ersten der menschlichen Gemeinschaften, der oikia, wird dagegen auf .gewissermaßen implizite Weise erwiesen. Die Familie ist die erste der natürlichen Gemeinschaften, da sie die „grundlegendsten“ Bedürfnisse befriedigt, die als natürlich angesehen werden. Es ist der Anfang des zweiten Kapitels (I 2, 1252a24-b14), durch den sich diese These als etabliert betrachten lässt.
Die Bewegung des Textes ist nun die folgende: Es gibt unter den Menschen zwei notwendige Verhältnisse, die um der Befriedigung zweier Triebe willen bbestehen, nämlich um der Fortpflanzung und der Selbsterhaltung willen. Diesen verschiedenen Trieben entsprechen verschiedene Verbindungen. Die Verbindung von Mann und Frau befriedigt bei Menschen den Trieb nach Fortpflanzung, der dem natürlichen Bedürfnis alles Lebendigen, „ein anderes, ihnen gleiches zu unterlassen“ entspricht. Die Verbindung zwischen von Natur aus Herrschendem und von Natur aus Beherrschtem dient dazu, die Selbsterhaltung zu sichern, und zwar die wechselseitige Erhaltung von Herrscher und Beherrschtem (vgl. 1252a34). Im folgendem Abschnitt (a34-b12) warnt Aristoteles davor, die beiden Verbindungen miteinander zu verwechseln: Die Tatsache, dass es sich bei beiden um hierarchische Beziehungen handelt – die Frau und der Beherrschte sind von Natur aus dem Mann und dem Herrschenden unterworfen – erlaubt nicht, die eine auf die andere zu reduzieren. Die jeweiligen Herrschaftsbeziehungen weisen vielmehr spezifische Unterschiede auf (vgl. I 1, 1252a7-9). Die beiden Gemeinschaften, nämlich die der Eheleute und die des Herrschenden und von Natur aus Beherrschten, bilden die Familie, die erste natürliche Gemeinschaft (vgl. I 2, 1252b9/12). Etwas später (3, 1253b5) präzisiert Aristoteles, dass eigentlich drei Gemeinschaften die Familie konstituieren, nämlich die von Herrn und Sklaven, von Ehemann und Ehefrau und von Vater und Kind.
Am Ende des dritten Kapitels kündigt Aristoteles an, eine Theorie der Sklaverei zu
entwickeln, um zwei Fragen zu klären, die zu seiner Zeit diskutiert wurden und deren Status sehr unterschiedlich ist: Ist die Herrschaft des Herrn über den Sklaven von derselben Art wie die anderen Herrschaftsformen? Ist die Sklaverei wider die Natur? Die erste Frage hat Aristoteles bereits im ersten Kapitel negativ beantwortet, ohne jedoch dafür zu argumentieren. Hier nimmt sie nun eine andere, präzisere Form an. Die Leute, gegen die Aristoteles sich richtet und bei denen es sich wohl um Platoniker handeln ddürfte, glauben, dass es eine allgemeine Herrschaftswissenschaft (despotike episteme) gibt, und dass sie sich in derselben Weise auf die Hausverwaltung, die Regierung einer Polis oder eines Königreichs bezieht; dabei gehe die Identität der Herrschaftsaufgaben auf die Identität der entsprechenden Wissenschaft zurück. Auf die zweite Frage wird Aristoteles mit seiner Theorie der natürlichen Sklaverei antworten, die die natürliche Sklaverei als gerecht, alle anderen Formen der Sklaverei als ungerecht ansieht.
Die Methode, nach der Aristoteles vorgeht, wurde von Victor Goldschmidt (1973) sehr eerhellend herausgearbeitet. Aristoteles entwickelt in der Tat zunächst den Begriff des Sklaven (I 4). Dabei beruft sich Aristoteles wiederum auf seine Psychologie. Er glaubt damit in der Lage zu sein, die Fragen nach der Legitimität der Sklaverei (I 6) und nnach der so genannten Herrschaftswissenschaft (I 7) zu beantworten. Im folgenden (I 8 ff.) nimmt er dann die gesamte Hausverwaltung, zu der die Sklaverei nur als ein Teilbereich zählt, in den Blick.2. DER BEGRIFF DES SKLAVEN
Das Problem der Sklaverei stellt sich innerhalb der Familie. Die Familie, die erste natürliche Gemeinschaft, benötigt Sklaven. Aristoteles definiert den Sklaven zunächst als „Werkzeug“ (organon): das Besitzstück (ktema) ist ein Werkzeug; der Sklave ist ein beseeltes Besitzstück, folglich ist er ein beseeltes Werkzeug. Der Besitz, von dem die Rede ist, wird als eine „Gesamtheit von Werkzeugen“ definiert oder als eine Gesamtheit von Besitzstücken, von denen jedes ein Werkzeug ist. Dieser Begriff ist sehr genau bestimmt: Er ist, wie es zu Beginn des Kapitels heißt, „ein TTeil der Familie“ (b23: meros tes oikias). Ein solcher Besitz deckt daher nicht alles ab, was einem Subjekt (im juristischen Sinn des Wortes) „gehört“. Wenn jemand Silberminen besitzt, aus denen er durch Spekulation Gewinn zieht, handelt es sich dabei keineswegs um familiären Besitz. Aus diesem Grund wird er von seinen Sklaven, wenn er sie in den Silberminen arbeiten lässt, keinen naturgemäßen Gebrauch machen, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um Individuen handelt, die von Natur aus dazu bestimmt ssind, Sklaven zu sein, denn sie sind nicht dazu bestimmt, diese Funktion zu erfüllen.
Aristoteles redete, dass das Handwerkzeug nicht von allein arbeitet, ist etwas nötig, das es zum Einsatz bringt, und auch wenn es Mechanismen oder Tiere sein können, muss doch letztlich eine menschliche Tätigkeit dahinter stehen. Der genaue Sinn des Ausdrucks „organon pro organon“ ist nicht vollkommen klar, – er kann sowohl „Werkzeug, das an Stelle anderer Werkzeuge eingesetzt wird“ bedeuten als auch „Werkzeug, das früher ist als die von ihm eingesetzten Werkzeuge“ – er muss aber im Sinn der Kontrolle verstanden werden, die der Mensch über das Handwerkzeug ausübt, das er einsetzt. Warum wird aber dieser „Hausknecht“ als Sklave definiert? Setzt man nicht sogar innerhalb der Familie Arbeiter ein, die keine Sklave, sondern Lohnarbeiter sind, um den Einsatz der Werkzeuge zu steuern?
An dieser Stelle bringt Aristoteles eine wichtige Präzisierung seiner Definition des Sklaven als eines Werkzeugs sein, die deren Gehalt tatsächlich verändert. Einige Kommentatoren glauben, dass er auf diese Weise einen ungewöhnlichen Gebrauch korrigiert, den er von dem Ausdruck „Werkzeug“ (organon) zu machen in Begriff ist, da das griechische Wort organon eigentlich ein Werkzeug zur Herstellung von etwas bezeichnet. Das ist zwar sicherlich richtig, aber bei dder Unterscheidung von Handeln und Herstellen bezieht sich Aristoteles in beiden Fällen auf organa. Er bestimmt den Sklaven mit Hilfe des folgenden Arguments: Der Unterschied, der zwischen Herstellen und Handeln (praxis) besteht, findet sich in den Werkzeugen wieder, die daran mitwirken; das Leben ist Handeln; also ist der Sklave ein Werkzeug, das dem Handeln dient. Es ist bemerkenswert, dass die theoretisch für dieses Argument wesentliche Prämisse ergänzt werden muss: Der Sklave ist auf das Leben (bios) bezogen. Eine schwer verständliche These, die Aristoteles noch verstärkt, indem er das Verhältnis vom Sklaven zum Herrn mit dem Verhältnis vom Teil zum Ganzem vergleich: Ebenso wie der Teil vollständig Teil des Ganzen ist, während das Ganze dem Teil nicht angehört, so gehört auch der Sklave vollständig dem Herrn an, ohne dass dieser ihm angehörte. Aristoteles geht sehr weit in diese Richtung, bis er erklärt, dass „der Sklave ein bestimmter Teil des Herrn, nämlich ein beseelter und für sich bestehender Körperteil“ desselben sei. Diese Verbindung ist viel enger als das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sei er auch Sklave, und zweifellos hat kein einziger Plantagenbesitzer in den amerikanischen Südstaaten jemals einen seiner schwarzen Sklaven als einen, wenn auch davon getrennten, Teil des eigenen Körpers bbetrachtet.
3. „DIE STELLUNG DES SKLAVEN IST VORTEILHAFT UND GERECHT“ (I 5, 1255a2)
Die Arbeit der Sklaven wurde in der griechischen Antike als die normale Form der Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse aufgefasst. .Piere Vidal-Naquet (1981; vgl. Garland 1982) hat gezeigt, welche Schwierigkeiten die Griechen damit hatten, sich auch nur die Möglichkeit einer Gesellschaft ohne Sklaven vorzustellen. In der utopischen Literatur sind die sklavenlosen Gesellschaften vor der geschichtlichen Zeit angesiedelt. In der Darstellungen der verkehrten Welt, etwa in den Komödien des Aristophanes, sind die „verkehrtesten“ Situationen die der Frauenherrschaft (Die Weibervolksversammlung, Lysistrate) oder des Kommunismus (Die Vögel); in beiden Fällen bleibt die Sklaverei bestehen. Es ist nicht weniger gewiss, dass Aristoteles die zu seiner Zeit herrschende Praxis der Sklaverei verurteilt hat, die trotz der wohlbekannten geringen Produktivität der Sklavenarbeit mit der handelsökonomischen Praxis seiner Epoche eng verbunden war.
Für eine Polis im Aristotelischen Verständnis ist die Sklaverei nicht ökonomisch notwendig. Wenn die Polis Arbeiter braucht, die sie dem politischen Feld fernhalten muss, und wenn es zweifellos einfacher ist, sie davon fernzuhalten, wenn es sich um Sklaven handelt, unter anderem, weil die Sklaven im allgemeinem aus anderen Ländern stammen, ist der Sklavenstatus dieser Arbeiter doch nicht unbedingt erforderlich. Anderswo gab es andere Systeme, die
zum Beispiel auf unabhängigen Kleinerzeugern basierten, denen mit Geld oder in Naturalien eine Abgabe bezahlt wurde; manche dieser Systeme führten zu Stationen, die kaum besser sind, als es die der Sklaverei ist. In der Familie dagegen, so wie Aristoteles sie konzipiert, ist die Sklaverei notwendig.
Aber diese Notwendigkeit ist nicht oder nicht mehr wirklich ökonomischer Natur. Es ist notwendig, dass es Wesen gibt, die den Begriff des Sklaven, so wie er im vierten Kapitel definiert wurde, erfüllen, weil dies sogar ddie Natürlichkeit der Familie verlangt. Wir haben gesehen, dass der Bürger, um ein Leben zu führen, das im Glück mündet, die Mittel finden muss, um vorpolitische Bedürfnisse zu befriedigen, und dass diese Bedürfnisse innerhalb Familie, die eine natürliche Verbindung ist, befriedigt werden. Zu erweisen, dass es in der Wirklichkeit Wesen gibt, die für diese Aufgabe geeignet sind, die also dazu bestimmt sind, den Bürgern im familiären Leben als eine Art Anhang zugeordnet zu sein, bedeutete zugleich zu zeigen, dass diese NNatur intrinsisch gut ist, dies aber würde die Richtigkeit der Aristotelischen Analysen der Hausverwaltung bestätigen.
Aristoteles versteht es zu zeigen, dass es Wesen gibt, die seinem Begriff des Sklaven entsprechen, indem er sich erneut auf seine Konzeption der Natur und ddes Natürlichen stützt. Hierarchie, die zwischen dem Herrschendem und dem Beherrschten besteht, ist eine natürliche Gegebenheit: Dies ist, sagt Aristoteles, sowohl vernünftig begründet als auch empirisch feststellbar (I 5, 1254a20). Die Argumentation spielt mit zwei komplementären Aspekten dessen, was von Natur aus der Fall ist, dem Notwendigen und dem Besseren (Vorteilhaften). Das Notwendige wiederum nimmt zwei Formen an, das Unverzichtbare und das Allgemeine. Der hierarchische Charakter der Wirklichkeit zeigt sich in der „gesamten Natur“ (1254a31) und erstreckt sich als Harmonie auch auf die nichtnatürlichen Wirklichkeitsbereiche. Zudem ist die hierarchische Anordnung der Teile im Innern eines Ganzen unverzichtbar für die Erfüllung der Lebensfunktionen selbst, und jeder Teil findet darin seinen eigenen Vorteil. Aristoteles führt Beispiele an, deren Natur und Reihenfolge aufschlussreich ssind, und die den Anschein erwecken, den Wert eines Beweises zu haben.
Die Seele beherrscht den Körper, und wenn das nicht der Fall ist, hat man es mit jemandem zu tun, der sich in einem „gestörten und widernatürlichen“ Zustand befindet (1254b2). Und auch im Innern der Seele „stimmt es mit der Natur und dem Vorteilhaften überein“, dass der vernünftige Seelenteil den „leidenschaftlichen“ beherrscht (b8 f). das Beispiel der Seele ist insofern interessant, als der Aristotelische Text die Möglichkeit a.ndeutet, die HHierarchie hier aufzugeben oder umzukehren: Bei vielen Menschen beherrscht der leidenschaftliche Seelenteil den vernünftigen oder steht auf einer Stufe mit ihm. Doch ist, wie Aristoteles sagt, „die Gleichheit oder Umkehrung für alle Teile schädlich“ (b9), weil die eigene Tätigkeit der Seele – oder, im Fall des Verhältnisses zwischen Körper und Seele: des beseelten Wesens – nur in der besten der möglichen Formen verwirklicht werden kann. Ein bemerkenswerter Schritt wird mit dem zweitem Beispiel getan: Es ist für die Tiere besser, vom Menschen beherrscht werden, „denn die zahmen Tiere haben eine bessere Natur als die wilden, denn auf diese Weise erlangen sie ihre Erhaltung (soteria)“ (b10-13). Ein Text, der so schwer zu verstehen ist, dass die Kommentatoren ihn alle so zurechtgestutzt haben, als wollte er sagen, dass es die zahmen Tiere einen Vorteil davon haben, dem Menschen unterworfen zu werden. Sollte man das als Ausdruck eines Anthropozentrismus verstehen, der an anderer Stelle in der berüchtigten These des achten Kapitels ausgedrückt ist, nach der „die Pflanzen um der Tiere willen und die Tiere um des Menschen willen“ existieren (1256b16)? Dieser Abschnitt könnte leicht den wichtigsten Schlüssel zur Aristotelischen Theorie der Sklaverei liefern. Zuvor ist es jedoch nötig zu verstehen, um welche Erhaltung ees sich handelt. Denn die einfachste Lesart, das heißt die jenige, die davon ausgeht, dass die Erhaltung nur die Haustiere betrifft und dass diese soteria das Überleben der fraglichen Tiere bezeichnet – wenn die Schafe keinen Hirten hätten, würden sie von den Wölfen gefressen -, ist schwieriger, als es auf den ersten Blick scheint. Denn dieses Bedürfnis, sich zu erhalten, gehört genau genommen nicht zur Natur der betrachteten Tiere; denn „jede Art, die zahm vorkommt, gibt es auch im wilden Zustand, etwa die Pferde, Ochsen, Schweine, Menschen, Schafe, Ziegen, Hunde“ (Hist. An. I 1, 488a30). Schließlich ist die Situation für alle oder fast alle Tiere dieselbe: Je weniger der Mensch sich um sie kümmert, desto besser geht es ihnen.
Die Beispiele werden mit einer Analogie im Aristotelischen Sinn des Wortes fortgesetzt, also mit der Angabe einer Gleichheit von Beziehungen: Der Mann verhält sich zur Frau wie das Bessere zum Schlechteren und wie das Herrschende zum Beherrschten. Nun wird der Sklave eingeführt, noch immer durch Analogie: der Sklave von Natur verhält sich zu seinem Herrn wie der Körper zur Seele und wie das Tier zum Menschen.
Aber unter dieser formalen Identität verbergen sich einige Unterschiede. Aristoteles unterscheidet nämlich verschiede Arten des VVorteils. In einem bemerkenswerten Abschnitt (III 6, 1278b22) unterscheidet er zwischen der Regierung der Sklaven durch ihre Herren und der Regierung der Frauen und Kinder durch ihre Ehemänner und Väter. Letztere Herrschaft wird wesentlich zum Besten derjenigen ausgeübt, die ihr unterworfen sind. Denn es geht darum, dafür zu sorgen, dass die Kinder ihre verschiedenen Fähigkeiten entwickeln, damit sie gute Bürger werden. Nichts dergleichen bei den Sklaven: „Die Herrschaft des Herrn über den Sklaven nämlich, obwohl in Wahrheit der Vorteil des Sklaven von Natur und des Herrn von Natur derselbe ist, wird dennoch im eigentlichen Sinne zum Vorteil des Herrn und zu dem des Sklaven nur akzidentell ausgeübt“ (1278b32-36). Es ist genauso wie bei den Tieren. Und Aristoteles scheut sich nicht, Tiere und Sklaven unter bestimmten Aspekten gleichzusetzen (vgl. I 5, 1254b24-26).
Die Aristotelische Analyse des Vollkommenheitsgrades eines lebendigen Organismus kann zwei Richtungen einschlagen. Ein Lebewesen kann selbst die Norm seiner eigenen Vollkommenheit bilden, sofern es von der Natur an seine Lebensbedingungen angepasst wurde. Aber die relative Vollkommenheit der Lebewesen bemisst sich auch nach dem Grad der Ähnlichkeit mit dem vollkommensten unter ihnen, dem Menschen. Im fünften Kapitel des ersten Buchs geht Aristoteles einen Schritt weiter. Gewiss drü.ckt eine Raubkatze ihre
Vollkommenheit unter anderem durch ihre Beweglichkeit aus, die es ihr erlaubt, ihr Werk (ergon) zu verwirklichen. Aber jedes Tier wird noch eine andere Art der Vollkommenheit aufweisen, indem es am Werk eines Subjekts, das ihm übergeordnet ist, teilhat. Im Fall der Haustiere ist diese Unterwerfung unter die menschlichen Zielsetzungen sicherlich Teil ihrer Natur und das ist womöglich der Hauptgrund, warum von ihrer Natur gesagt wird, dass „besser“ sei als die der wilden Tiere. Es ist zweifelhaft, ob Aristoteles glaubt, dass ddie Unterwerfung unter menschliche Ziele einen Teil der Natur von Tieren bildet, die nicht gezähmt werden können. Man kann also nur aus zwei Blickrichtungen sagen, dass es von Natur aus besser ist, menschlichen Zielen zu dienen als den jeweils eigenen Zielen: einerseits aus der Perspektive des „Gebrauchenden“ – es ist für Menschen natürlich, die in der Natur vorfindlichen Werkzeuge, und vor allem die Tiere zu gebrauchen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen -, und anderseits aus der Perspektive der gesamten Natur, ddie von der Perspektive des jeweiligen Tiers zu unterscheiden ist.
Die Tatsache, dass der Untergeordnete im Verhältnis zum Übergeordneten von Natur aus die Stellung eines Werkzeugs haben soll, auch wenn dies nicht zur Natur des Ungeordneten gehört, hat mehrere Konsequenzen. EErstens gibt es Grade der Natürlichkeit, die menschliche Ziele „natürlicher“ sein lassen als die Ziele anderer Lebewesen. Daher rührt auch die andernfalls völlig sinnlose Erklärung des Aristoteles, die Menschen seien „die Lebewesen, die sich in der größten Übereinstimmung mit der Natur befinden“ (Inc. An. 4, 706a19; vgl.5, 706b10). In diesem Sinn lassen sich die kurzen Bemerkungen verstehen, die Aristoteles in 1254b22-24 macht: Die Tiere besitzen keine Vernunft, sie können sich aber, obwohl sie von sich aus nur ihren Affekten folgen, zumindest dem Anschein nach, vernunftgemäß verhalten, wenn sie sich von den Anordnungen der Menschen leiten lassen. In diesem Fall ist ihr Verhalten „natürlicher“. Zweitens klärt diese doppelte Norm den oben zitierten Text, der häufig als Zeugnis der „providentialistischen“ Position des AAristoteles interpretiert wurde: „es existieren die Pflanzen um der Tiere willen und die Tiere um des Menschen willen“ (I 8, 1256b16). Es ist für einen Tiger natürlich, Menschen zu fressen und daher ist es aus der Perspektive der Natur des Tigers so, dass die Menschen um der Tiger willen existieren. Aber aus der Perspektive der menschlichen Natur und aus der Perspektive der gesamten Natur – mit der die Menschen sich in größerer Übereinstimmung befinden als die Tiger – existieren die TTiger um der Menschen willen. Dies erlaubt uns, nun besser gerüstet zum Problem der soteria zurückzukehren. Meines Erachtens ist zu bezweifeln, dass Aristoteles behaupten würde, die von Natur aus zum Sklavendienst bestimmten Menschen bräuchten, um zu überleben, ihre Herren, wie etwa Kinder ihre Eltern brauchen. Schließlich überleben die Barbaren, die sämtlich von sklavischer Natur sind (vgl. I 2, 1252b6), ausgesprochen gut.
Mann kann ohne Zweifel auf die soteria ausweiten, was über „das Vorteilhafte“ (sympheron) gesagt wird: Wenn der Herr und der Sklave ihre soteria in der wechselseitigen Beziehung erlangen (vgl. I 2, 1253a31), betrifft diese soteria den Herrn wesentlich und den Sklaven nur akzidentell. Das ist es, was in stark verdichteter Form auch im Anschluss an den oben zitierten Abschnitt aus III 6 gesagt wird: Die Herrschaft des Herrn ist nur auf akzidentelle Weise vorteilhaft für den Sklaven, „nämlich nur in sofern, als die Herrschaft nicht aufrechterhalten werden kann, wenn der Sklave zugrunde geht“ (1278a37). Anders gesagt braucht der Herr den Sklaven, um das Leben des Herrn führen zu können, das für ihn notwendig ist, Aristoteles scheint aber nicht zu glauben, dass der Sklave den Herrn braucht. An dieser Stelle ist eine kurze Orientierung ratsam. Aristoteles vertritt die Ansicht, es ssei für den .Sklaven unter anderem auch deshalb vorteilhaft, von seinem Herrn beherrscht zu werden, weil er selbst nicht fähig ist, vorauszuschauen und zu überlegen. Nach Aristoteles lassen sich die Sklaven vor allem durch zwei Merkmale charakterisieren: durch ihre psychologische und ethische Unreife und durch die, dem Verhältnis vom Teil zum Ganzen entsprechende, Beziehung zu ihrem Herrn. Der erste Punkt wird im Verlauf des ersten Buchs mehrfach thematisiert, nach Aristoteles fehlen dem Sklaven die Fähigkeit, „vermöge des Verstandes vorauszuschauen“ (I 2, 1252a32) und die „Fähigkeit des Überlegens“, die in der Nikomachischen Ethik als Fähigkeit des Abwägens bezeichnet wird und die darin besteht, die richtigen Mittel zu einem Ziel wählen zu können (vgl. EN III 5, 1112b11 ff.). Das bedeutet nicht, dass Aristoteles dem Sklaven die Vernunft und damit das Menschsein abspricht. Es bedeutet vielmehr, dass der Sklave auf der Seite der Mittel steht, aber nicht die Ziele vor Augen hat, um derentwillen die Mittel eingesetzt werden.
Wenn Aristoteles davon spricht, dass der Sklave geeignet ist, Aufgaben auszuführen, und zwar nur auszuführen, handelt es sich offensichtlich um dieses gemeinsame Werk, das der Herr im eigenen Interesse geplant hat und das nur akzidentell im Interesse des Sklaven liegt. Der Text des Aristoteles ggibt uns keinerlei Anlass zu der Annahme, er habe geglaubt, die Sklaven wären, überließe man sie sich selbst, außerhalb des Sklavenverhältnisses lebensunfähig, weil sie nicht verstünden, darüber nachzudenken, was für sie vorteilhaft ist. Auch spricht nichts dafür, dass der sich selbst überlassene Sklave nicht fähig sein sollte, seine eigenen Ziele – sich zu ernähren, zu schützen, fortzupflanzen. – festzulegen. Er befindet sich außerhalb der Zielsetzungen seines Herrn, und es sind dessen Ziele, zu deren Erreichung der Sklave ein Werkzeug ist.4. DIE ENTWICKLUNG DER THEORIE DER SKLAVEREI
Einige Bemerkungen, die Aristoteles über die Sklaverei in Buch VII macht, versetzen uns in die Lage, manche Punkte zu beleuchten, die das erste Buch im Dunkel lässt. Denn dieses hinterlässt den Eindruck, dass Sklaven für Aristoteles rohe, unterentwickelte Wesen sind, in gewisser Weise große Kinder. Im zweiten Kapitel von Buch VII spielt er deutlich auf die natürliche Sklaverei an (vgl. 1324b36-41). Nachdem er die despotische Herrschaft verurteilt hat, fügt er hinzu, das diese Form der Herrschaft nur über Menschen legitimerweise ausgeübt werden darf, die von Natur aus dazu bestimmt sind, despotisch beherrscht zu werden. Die Anspielung, die sich auf das erste Buch oder – angesichts der Schwierigkeit festzustellen, welcher der beiden Texte zuerst verfasst wurde
– zumindest auf die im ersten Buch entfaltete Lehre bezieht, wird entgegen dem ersten Anschein wahrscheinlicher, wenn man den folgenden Satz hinzunimmt: Wenn Aristoteles schreibt, dass „man Menschen nicht zu einem Festmahl oder einem Opfer jagen darf“ (b39 f.), ist es gut möglich, dass er, wie er es in I 8 getan hat, sagen möchte, man jage sie statt dessen, um sie zu versklaven. Daher ist es meines Erachtens ausgeschlossen zu behaupten, Aristoteles verfüge in Buch VII noch nicht über eeine Theorie der natürlichen Sklaverei. Was Aristoteles also im nämlichen siebten Buch über die Asiaten sagt, muss, will man manifeste Inkohärenz vermeiden, mit der Theorie des ersten Buchs verträglich sein. Die Asiaten seien „mit Verstand und Kunstfertigkeit begabt, aber ohne Mut. Daher leben sie in Unterwürfigkeit und Sklaverei.“ (VII 7, 1327b27-29). Diese Lehre ist keine Eigentümlichkeit des siebten Buchs, sie findet sich auch im dritten: „Denn da die Barbaren von Natur aus sklavischeren Sinnes sind als die Griechen, und von iihnen wiederum die Asiaten mehr als die Europäer, so ertragen sie auch die despotische Herrschaft ohne Murren.“ (III 14, 1285a19-22). Die orientalischen Sklaven scheinen also ihre Versklavung für gerechtfertigt zu halten aufgrund einer eher ethisch-politischen denn intellektuellen Unterlegenheit.
In Kapitel 113 stellt Aristoteles die Behauptung auf, es sei unmöglich, dass der gute Sklave ohne jede Tugend sei, vielmehr seien die Tugenden, wenn sie auch mit dem gleichen Wort bezeichnet würden wie die des Herrn – man kann von einem besonnenen und gerechten Sklaven sprechen -, von anderer Art als diese (vgl. 1260a2-7). Es gibt allerdings eine Tugend, die der Sklave niemals besitzen wird, auch nicht in einer besonderen Form, nämlich die politische Tugend. Dazu passt es, wenn es in Buch VII heißt: „Daher ist es offensichtlich, dass diejenigen von Natur zugleich mit Denkvermögen begabt und mutig sein müssen, die vom Gesetzgeber zur Tugend gelenkt werden sollen.“ (7, 1327b36-38). Zweifellos werden den dummen Sklaven aus Gallien nicht dieselben Aufgaben übertragen wie dden schlauen Sklaven aus Kleinasien. Die einen kümmern sich um die „niederen Dienste“, während die anderen Aufseher oder Erzieher sein können.
Die Theorien der Bücher I und VII zusammenstimmen, dann muss man zugleich entnehmen, dass die Unterlegenheit des Sklaven im wesentlichen ethischer Natur ist und erst in zweiter Linie in einer intellektuellen Unterlegenheit besteht, da die dummen Sklaven auch ethisch unterlegen sind. Der Sklave hat von Natur aus einen Vorteil davon, an dem gemeinsam mit seinem Herr verwirklichten Werk zu ppartizipieren, nicht aus der Sicht seiner eigenen Natur als Sklave, sondern weil dieses gemeinsame Werk „natürlicher“ ist als das seine, da es von einem vollkommenerem Wesen erdacht wurde und ihm dient. Zu dem sind die schlauen asiatischen Sklaven ohne weiters in der Lage vorauszuschauen und zu überlegen, soweit es um die Mittel geht, die sie benötigen, um ihr eigenes Leben zu führen. Aber sie sind dazu nicht in der Lage, wenn es um das Leben des Bürgers geht, das zum „glücklichen Leben“ führt.
Die bringt in der Konklusion zu der Aristotelischen These zurück, dass der Sklave auf. das Leben bezogen und ein Werkzeug ist, das dem Handeln und nicht dem Herstellen dient. Mit Bezug auf neuere sozialanthropologische Veröffentlichungen habe ich vor einigen Jahren die Aristotelische Konzeption der natürlichen Sklaverei mit der Praxis der Sklaverei in so genannten „Stammesgesellschaften“ verglichen (vgl. Pellegrin 1982). Im Unterschied zum System der „versklavenden Produktionsweise“, in dem Heerscharen von Sklaven bei Produktionsprozessen eingesetzt werden, gehören die Sklaven in diesen Gesellschaften einem Stamm, der sie in das familiäre Leben integriert. Obwohl die Stammesgesellschaften den Sklaven zahlreichen Ausgrenzungsverfahren unterwerfen – er ist ein Fremder, erhält einen besonderen Nahmen, wird von den legitimen Eheverbindungen ausgeschlossen, muss eine besondere Form dder Bestrafung hinnehmen und wird in der Regel gesondert bestattet – haben sie doch im allgemeinen die Tendenz, die Nachkommen ihrer Sklaven zu integrieren. Die Häuptlinge der Stämme in solchen Gesellschaften haben sehr gut verstanden, was Aristoteles meint, wenn er sagt, der Sklave sei ein Teil seines Herrn.
Nach Aristoteles besteht zwischen Herrn und Sklaven von Natur aus eine Gemeinschaft des Handelns und Lebens. Der Sklave ist ein Organ des Herrn, und von den Handlungen, die er ausführt, würden er selbst und sein Herr sagen, dass es die Handlungen seines Herrn seien. Wenn der Sklave sich gut verhält, dann verdankt er dies seinem Herrn, denn der Herr ist „die Ursache für die Tugend des Sklaven (I 13, 1260b3). Der Arbeiter, der nicht am Leben eines Herrn teilhat, sei er nun juristisch gesehen frei oder nicht, hat daher an einer solchen Tugend keinen Anteil. Seine Stellung ist daher weniger beneidenswert als die des Sklaven von Natur. Das ist es, was Aristoteles in einem Text sagt, dem man bislang nicht die Aufmerksamkeit geschenkt hat, die er verdient hätte: „Der Sklave hat am Leben seines Herrn teil, der Handwerker steht ihm ferner und hat nur soviel Anteil an der Tugend, wie er Anteil aan der Sklavenarbeit hat. Die Stellung des Handwerkers ist die einer begrenzten Sklaverei; während jemand Sklave von Natur aus ist, ist dies weder beim Schuster noch bei irgendeinem anderen Handwerker der Fall“ (1260a39-b2). Im Gegensatz zu dem, was eine flüchtige Lektüre mancher Texte glauben machen könnte, sind die Sklaven nicht von Natur aus für bestimmte Aufgaben vorgesehen. Sie sind von Natur aus für eine Beziehung bestimmt: Es gehört nicht zur Natur des Sklaven, Schuhe machen zu müssen; es gehört zu seiner Natur, Schuhe für einen Herrn machen zu müssen, damit dieser seine Zeit darauf verwenden kann, das glückliche Leben eines Bürgers zu führen.FAZIT
Die Arbeit der Sklaven wurde in der griechischen Antike als die normale Form der Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse aufgefasst. Die Griechen könnten sich nicht eine Gesellschaft ohne Sklaven vorzustellen.
Aristoteles definiert den Sklaven zunächst als „Werkzeug“ (organon): das Besitzstück (ktema) ist ein Werkzeug; der Sklave ist ein beseeltes Besitzstück, folglich ist er ein beseeltes Werkzeug. Die Sklaven sind für Aristoteles rohe unterentwickelte Wesen, in gewisser Weise große Kinder. Der Sklave ist auf das Leben (bios) bezogen. Er gehört vollständig dem Herrn an. Der Sklave, wie Aristoteles definiert, ist ein bestimmter, beseelter und für sich bestehender Körperteil des Herrn. Für
eine Polis im Aristotelischen Verständnis ist die Sklaverei nicht ökonomisch notwendig. In der Familie dagegen, so wie Aristoteles sie konzipiert, ist die Sklaverei notwendig.LITERATURVERZEICHNIS
Pellegrin, Piere: Hausverwaltung und Sklaverei, in: Aristoteles „Politik“. Akademie Verlag GmbH, Berlin 2001.
Schütrumpf, E. 1991: Aristoteles, Politik I, übers. und erl., Berlin.
Bien, Günter. 1990: Bemerkungen zum Aristotelischen Politikbegriff und zu den Grundsätzen der Aristotelischen Staatsphilosophie, in: Aristoteles Politik, Hamburg.